Drohne fliegt über Weinberg

Digitalisierung im Weinbau – was schon heute möglich ist

Der Weinbau blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits vor Tausenden von Jahren, lange bevor der erste Computer das Licht der Welt erblickte, verstanden sich Menschen auf die Pflege von Reben und das Gären von Most. Und so sehr Winzer auch heute noch auf alte Traditionen bauen, macht die Digitalisierung nicht Halt vor Weinberg und Keller. Hier wiederum ergeben sich spannende Chancen, die nicht im Widerspruch zur alten Genusskultur stehen. Ein Überblick.

Besserer Schutz vor individuellen Risikofaktoren

Im Zuge des Klimawandels und auch aufgrund geografischer Besonderheiten in Weinbaugebieten sind Winzer und ihre Reben unterschiedlichen Risikofaktoren ausgesetzt. Wie stark die Reben von Naturkatastrophen bedroht sind oder wie hoch das Risiko für Ernteausfälle aufgrund von Frost oder Hagel ist, stellt für Winzer eine wichtige Information dar. Hiermit beschäftigt sich das Unternehmen Risklayer, das aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) heraus entstand. Die Experten fassen zahlreiche historische Daten zusammen und erarbeiten auf Basis dessen Risikoprofile. Die Schäden der vergangenen Jahre fungieren hier folglich als Grundlage für aktuelle Einschätzungen.

Auf Basis einer solchen Risiko-Einschätzung ist es Winzern dann möglich, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, die sie vor individuellen Gefahren in ihrer Region schützen. Das bewahrt sie zwar nicht davor, dass Naturereignisse eintreten, kann aber dabei helfen, sich für einen ausreichenden Versicherungsschutz oder spezielle Bauweisen zu entscheiden.

Wetterstation in Weinberg

Pflanzenschutz per Drohne? Das geht!

Schon vor mehreren Monaten erteilte das Julius-Kühn-Institut speziellen Drohnen offizielle Anerkennung. Das Unternehmen droneparts entwickelte diese in Zusammenarbeit mit Winzern sowie Genossenschaften und der Weinsberger Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau. Die Aufgabe der Drohnen ist es, im Weinberg mithilfe intelligenter Software Pflanzenschutzmittel auszubringen. Im Vergleich zu anderen Maschinen erweisen sie sich dabei als vielseitiger einsetzbar, da sie unabhängig von der Neigung und dem Zustand der Böden arbeiten.

Wo Winzer bislang auf zeitaufwendige Handarbeit und entsprechen hohen Personaleinsatz setzten, spart eine Drohne einen großen Teil dieses Aufwands. Mit der Hand nachzuarbeiten, ist in seltenen Fällen notwendig, die Drohnen aber gehen zielgerichteter vor als beispielsweise Helikopter. Zugleich ermöglichen Drohnen auch einen reduzierten Einsatz von Pflanzenschutzmittel, was aus Umweltsicht vorteilhaft ist.

Verkostungsnotizen so objektiv wie nie

Ein weiterer, sehr interessanter Ansatz aus der Welt der Digitalisierung ist eine spezielle Anlage, die als virtueller Sommelier fungiert. Experten aus den USA arbeiten weiterhin an einem Konzept, das später dazu dienen soll, aus Analysedaten objektive Verkostungsnotizen abzuleiten. Hierfür versorgen die Experten die Software zunächst mit professionell erstellten Verkostungsnotizen, welche die Maschine dann mit den Analysedaten abgleicht und verknüpft. In der Zukunft ist die Künstliche Intelligenz dann bestenfalls dazu in der Lage, Verkostungsnotizen zu erstellen, ohne dass Menschen den Wein verkosten.

Roboterarm an blauen Trauben

Autonome Maschinenwelt im Weingut

In Weingütern tut sich auch im Hinblick auf die verwendeten Maschinen und Fahrzeuge viel. Einige Unternehmen beschäftigen sich heute intensiv mit der Entwicklung moderner Maschinen, die Winzer per App oder anderweitiger Fernsteuerung bedienen.

So gibt es nicht nur Roboter, die das Lesegut eigenständig analysieren und selektieren, sondern auch Traktoren, die ihre Touren durch den Weinberg autonom abfahren. Während der Fahrt erfasst der Traktor dann beispielsweise, in welchem Zustand sich die Rebstöcke befinden, wie reif die Früchte sind und wie es um den Zustand des Bodens bestellt ist. Verschiedene Forscher aus mehreren Ländern versuchen, mithilfe solcher eigenständig arbeitenden Systeme sinnvolle Wege zu erarbeiten, die Winzer entlasten und Raum für weitere wichtige Aufgaben schaffen.

Rebschnitt auch für unerfahrene Arbeiter

Eine in Weingütern Jahr für Jahr notwendige Aufgabe ist der Rebschnitt. Damit die Gewächse gesundes, aromatisches Lesegut ausbilden, ist es wichtig, ihre Form an das jeweilige Erziehungssystem anzupassen und sie so zu schneiden, dass ihre ganze Kraft in die Trauben fließt. Der Rebschnitt wiederum ist eine komplizierte Arbeit, für die es eigentlich Fachwissen braucht. Doch Winzern fällt es zunehmend schwer, ausreichend Fachkräfte für diese Aufgabe zu finden.

Ein Headset, das Forscher an den neuseeländischen Universitäten Auckland und Ontago im Rahmen des MaaraTech-Projekts entwickeln, soll in den kommenden Jahren Abhilfe schaffen. Dies, indem Arbeiter über eine Virtual-Reality-Funktion erfahren, wo sie bei einem Rebstock schneiden müssen. Auch ungelernte Kräfte lassen sich im Weinberg so sicherer einsetzen. Schon jetzt sprechen die Entwickler davon, dass die Technologie in der Zukunft auch Roboter anlernen soll. Bis vollautomatische Schnittmaschinen durch Rebzeilen fahren, werden jedoch noch einige Jahre vergehen.

Fazit: Die Welt der Digitalisierung ist auch im Weinbau breitgefächert

Anhand dieser fünf Beispielbereiche zeigt sich, dass auch Winzer, Weingüter und Forschungseinrichtungen in enger Beziehung zur Digitalisierung stehen. Immer neue Technologien ermöglichen einen höheren Automatisierungsgrad, was Winzern mehr Raum für Kreativität bietet. Zusätzlich ist es möglich, dass technologische Hilfe in der Zukunft dabei hilft, einen noch umweltfreundlicheren Weinbau zu gestalten und den Risiken des potenziellen menschlichen Versagens vorzubeugen.

Parallel gilt hier jedoch, dass mit der zunehmenden Digitalisierung auch neue Risiken und Herausforderungen auf den Plan treten. Die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) spricht sich daher schon seit Längerem dafür aus, den technologischen Wandel aktiv zu gestalten und ihn nicht nur passiv hinzunehmen. Auf diese Weise fällt es der internationalen Weinwelt eventuell leichter, die wirklich nützlichen und förderlichen Chancen von jenen zu trennen, die der Weinkultur schaden könnten. Spannend, da sind sich alle Experten sicher, ist die Zukunft des Weines aber in jedem Fall.

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