Die Wahrnehmung eines Menschen ist stets subjektiv geprägt. Eine Blindverkostung stellt eine Möglichkeit dar, Wein so objektiv wie möglich beurteilen zu können.

Blindverkostung: Wein unbeeinflusst entdecken

Die Wahrnehmung eines Menschen – und bezeichnet er sich als noch so neutral – ist stets subjektiv geprägt. Bei Weinproben kann dies zum Problem werden, denn qualitative Differenzen gehen durch den Einfluss persönlicher Vorlieben oder Ansichten schnell unter. Die Blindverkostung stellt daher auch unter Experten die wohl beste Möglichkeit dar, Tropfen so objektiv wie möglich beurteilen zu können.

Warum ist eine Blindverkostung sinnvoll?

Glaeser fuer Blindverkostung | Silkes Weinblatt

Eine Weinverkostung mit Blick auf das Etikett ist ein zweischneidiges Schwert. Geht es lediglich um die Entdeckung verschiedener Weine in zwangloser Runde, ist sie natürlich vollkommen ausreichend. Soll die Qualität verschiedener Tropfen jedoch professionell bewertet werden, ist Unvoreingenommenheit nebst wacher Sinne das wichtigste Werkzeug.

Ein spannendes Beispiel hierfür spielte sich am 24. Mai 1976 in Paris ab. Der Weinhändler Steven Spurrier lud elf Juroren zu einer Blindverkostung ein, bei der kalifornische Weine französischen Tropfen gegenübergestellt werden sollten. Frankreichs Weine galten zum damaligen Zeitpunkt als das Beste, was die Weinwelt zu bieten hat. Entsprechend gingen die Franzosen schon vor der Verkostung davon aus, sich problemlos gegen die Kalifornier durchsetzen zu können.

Für geschockte Gesichter jedoch sorgte das Ergebnis der berühmten Blindverkostung. In der Kategorie der Weißweine und bei den roten Tropfen konnten sich die französischen Weine nicht behaupten und mussten den jeweils ersten Platz kalifornischen Weinen überlassen. Über Platz eins freuen durften sich die „Stag’s Leap Wine Cellars“ und die „Château Montelena Winery“. Letztlich kam es zu Streit und manche der Teilnehmer weigerten sich, das Ergebnis anzuerkennen.

Da sich die Methodik Spurriers im Nachhinein als wenig professionell erwies, analysierten Orley Ashenfelter und Richard E. Quandt die zugrundeliegenden Daten in den Neunzigerjahren erneut. Auf Platz eins aller verkosteten Weine stand mit „Stag’s Leap Wine Cellars 1973“ jedoch weiterhin ein Kalifornier. Auch bei einer Neuverkostung rund dreißig Jahre nach dem „Judgement of Paris“ setzten sich kalifornische Weine durch. Unter den Top Fünf der verkosteten Weine fanden sich ausschließlich amerikanische Tropfen. Das bedeutet nicht, dass französischer Wein als qualitativ minderwertig zu erachten ist, zeigt allerdings das Potenzial einer gut durchgeführten Blindverkostung, auch wenn es sich ausschließlich um Qualitätstropfen handelt.

Eine Verkostung zur Blindverkostung machen

Überraschungen also sind bei einer Blindverkostung durchaus an der Tagesordnung. Damit das kleine Projekt gelingt, darf keiner der Teilnehmer über die Herkunft aller Tropfen informiert sein. In der Regel wird das gewährleistet, indem die Etiketten sorgfältig abgeklebt werden. Besonders ambitionierte Experten nutzen sogar blickdichte Gläser, um die Farbe der Weine zu verschleiern.

Verkostet wird dann wie gewohnt. Zuerst mit der Nase und dann am Gaumen. Falls die Gläser nicht blickdicht sind, gehört selbstverständlich auch die Begutachtung der Farbe zum Vorgehen. Erst wenn alle Weine verkostet wurden und sich die Teilnehmer ihre Notizen machen konnten, erfolgt die Bekanntgabe der jeweiligen Namen. Es lohnt sich, jedem Wein eine Nummer zuzuteilen, um eventuelle Unklarheiten zu vermeiden.

Vertikal oder horizontal? Beides ist möglich.

Blindverkostung 1 | Silkes Weinblatt

Eine Blindverkostung kann sowohl vertikal als auch horizontal erfolgen. Im Fachjargon ist dann die Rede von einer „Blind-Vertikalen“ und einer „Blind-Horizontalen“. Bei der vertikalen Verkostung werden Weine eines Herstellers aus unterschiedlichen Jahrgängen miteinander verglichen, während die horizontale Variante beispielsweise Weine eines Anbaugebiets oder Jahrgangs beinhaltet.

Wie die Verkostung auch stattfindet: Die Auswahl der Weine sollte im Vornherein gründlich geplant werden. Daher ist es nötig, dass sich eine Person mit dieser Aufgabe beschäftigt und auch die Reihenfolge der Weine definiert. Für den Verantwortlichen ist die Blindverkostung zwar dementsprechend weniger spannend – sie folgt dann jedoch einem sinnvollen Muster.

Wer sich nicht an einem gewissen „Durcheinander“ stört, kann die Verkostung auch für alle Beteiligten verschleiern. In diesem Fall klebt ein Teilnehmer zunächst alle Etiketten ab, während ein zweiter hiernach die Abfolge der Flaschen verändert. Der erste Teilnehmer wird zwar immer noch wissen, um welche Weine es sich im Groben handelt, jedoch nicht ausmachen können, wann welcher Tropfen an der Reihe ist.
 

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