Inhaltsverzeichnis
Winterliche Gerichte, große Weine und raffinierte Fusionen
Weihnachtsessen: Ein Blick in die Ursprünge
Um zu verstehen, warum heute Gerichte wie Schmorbraten, Gans, Ragouts oder herzhafte Eintöpfe den Dezembertisch prägen, lohnt ein Blick in die europäische gastronomische Geschichte – denn die winterliche Festküche ist das Ergebnis jahrhundertealter Entwicklungen und saisonaler Bedingungen. Noch im 19. Jahrhundert bestimmte die Saisonalität, was auf die Festtafel kam: Nach der letzten Ernte standen robuste Vorräte wie Wurzelgemüse, Kohl, Hülsenfrüchte und gelagerte Früchte bereit. Dazu kam frisches Fleisch – häufig Gänse, Schwein oder Wild, da der späte Herbst die klassische Schlachtzeit war.
In adeligen Haushalten Europas erfüllte das festliche Wintermahl zudem eine repräsentative Funktion. Schon im 16. Jahrhundert sind üppige Braten, aromatisiert mit damals kostbaren Gewürzen wie Pfeffer, Zimt oder Nelken, als Mittelpunkt des Weihnachtsessens beschrieben. Dass wir heute noch dunkle Saucen, kräftige Röstaromen und geschmortes Gemüse mit dem Advent verbinden, ist somit Ausdruck einer historischen Küchenlogik: Opulenz, Herzhaftigkeit und Saisonalität prägten die Tafeln – und tun es bis heute.
Wie Weinwissen das Weihnachtsessen besser macht
Zur festlichen Küche gehören Weine mit Charakter und Struktur. Die ideale Kombination folgt dabei klaren sensorischen Prinzipien:
Kraft zu Kraft:
Herzhafte Festgerichte – vom geschmorten Rind über Gans bis zu aromatischen Ragouts – verlangen nach Weinen mit Tiefe und Tannin. Klassiker wie Boeuf Bourguignon mit Burgund, toskanische Wildgerichte mit Chianti Classico oder iberisches Lamm mit Rioja Reserva zeigen seit Jahrhunderten, wie harmonisch solche Paarungen funktionieren.
Frische belebt:
Weine mit präziser Säure bringen Balance in schwere Speisen. In der alpinen Küche begleiten mineralische Weißweine kräftige Käsegerichte, in Norditalien beleben Vermentino oder Arneis cremige Risotti.
Gemeinsame Aromen:
Röstaromen aus dem Ofen harmonieren hervorragend mit fein gereiften Holznoten im Wein. Im französischen Südwesten trifft Ente traditionell auf gereiften Bordeaux; in Spanien ergänzen barriquegereifte Tempranillos Braten und Asado.
Eleganz statt Dominanz:
Wein und Gericht sollen sich begegnen, nicht übertönen. Regionale Kombinationen wie Coq au Vin und Burgunder oder Ossobuco und toskanische Sangiovese-Weine zeigen, wie sich lokale Handschrift und sensorische Harmonie verbinden.
Diese Grundregeln gelten überall – von Italien bis Spanien, von Frankreich bis Deutschland – und erklären, warum elegante Weine, wie Brunello, Barolo, Rioja und Bordeaux seit Jahrhunderten gerne zur Winterküche kombiniert werden.
Adventsgerichte in Europa & ihre flüssigen Partner
Italien – Kräftige Aromen aus der cucina invernale
In vielen Regionen Italiens gehören geschmortes Rindfleisch, Wildgerichte, Pasta al forno und kräftige Saucen zu den traditionellen Adventsessen. Der passende Wein stammt fast immer „aus der Nachbarschaft“:
- Ein Brunello di Montalcino, 100 % Sangiovese, bietet Säure, feine Würze und Eleganz – ideal zu Schmorgerichten.
- Ein Barolo mit Tabak- und Rosenaromen ergänzt Pilz- und Trüffelnoten harmonisch.
Wussten Sie das?
Die berühmte italienische Weihnachtsspezialität Panettone stammt ursprünglich aus Mailand. Er wird bereits seit dem 18. Jahrhundert in städtischen Bäckereien verkauft und galt lange als pures Luxusgut für wohlhabende Familien.
Spanien: Turrón, Tió Nadal, Top-Qualitäten
Ein besonders lebendiges Beispiel spanischer Vorweihnachtskultur findet sich in Katalonien: der Tió de Nadal, ein bemalter Holzstamm, der im Advent mit einer Decke zugedeckt und mit kleinen Speisen „gefüttert“ wird. Am Heiligabend schlagen die Kinder mit Stöcken auf den Stamm, während sie traditionelle Lieder singen – der Tió „scheidet“ anschließend Süßigkeiten aus. Historisch ist dieser Brauch mit alten Traditionen verbunden, bei denen der Holzstamm Schutz und Wärme symbolisierte. Große Geschenke brachte früher nicht der Tió, sondern die Heiligen Drei Könige am 6. Januar – daher erhält der Stamm bis heute vor allem Süßes und kleine Überraschungen. Zu den typischen „Gaben“ zählt Turrón, eine Nougat-Spezialität aus Honig, Mandeln und Eiweiß. Seine Süße, cremige Konsistenz und die Röstnoten der Mandeln harmonieren hervorragend mit gereiften Rioja Reservas, süß gereiften Pedro-Ximénez-Sherrys oder – traditionell – mit katalanischem Cava, der durch seine Frische die Süße des Turrón ausbalanciert.
Frankreich – Haute cuisine im Winterlicht

Frankreichs Adventstische sind regional geprägt:
- In Burgund dominiert traditionell Coq au Vin oder geschmortes Rind,
- im Rhône-Tal Lamm oder würzige Pasteten,
- im Südwesten Enten- und Gansgerichte.
Die passenden Weine stammen oft aus denselben Regionen:
- Ein Bordeaux mit Cassis, Grafit und feiner Tanninstruktur passt perfekt zu dunklen Fleischgerichten.
- Ein Côtes-du-Rhône Villages mit Grenache-Würze harmoniert mit mediterranen Kräutern.
Schon gewusst?
Der französische „Bûche de Noël“, der berühmte Weihnachtsscheit-Kuchen, geht tatsächlich auf die Tradition des früher im Kamin verbrannten Holzscheits zurück – dokumentiert seit dem 12. Jahrhundert.
Alkoholfreie Festtagsbegleitung – Langweilig war gestern

Auch alkoholfreie Begleitungen haben heute ihren festen Platz an der Festtafel. In der gehobenen Gastronomie entstehen längst eigenständige Kompositionen aus fermentiertem Tee, Kräuterinfusionen oder fein abgestimmten Botanicals, deren Anspruch dem klassischer Weinbegleitungen in nichts nachsteht. Entscheidend bleibt – wie beim Wein – das Gleichgewicht von Frische, Struktur und Aromatik zum Gericht. Für zuhause bieten hochwertige No/Low-Alternativen echte kulinarische Tiefe: Vaux Träublein bringt feine Perlage und klare Säure zu Fisch und Vorspeisen, während die komplexen, fermentativen Ansätze von Muri mit Kräutern, Gewürzen und Tees besonders gut zu winterlichen Gemüse- und Pilzgerichten passen. So wird alkoholfreier Genuss nicht zur Ersatzlösung, sondern zu einer ebenso stimmigen wie vielseitigen Ergänzung des Festmenüs.
Grundprinzipien:
- Säure belebt Schmorgerichte, ähnlich wie im Wein.
- Bitterstoffe und Kräuter ergänzen deftige Küche ausgezeichnet.
- Kohlensäure sorgt für Frische und hilft, Fettigkeit aufzubrechen.
So entsteht ein eigenständiges Genussprofil – welches einer klassischen Weinbegleitung ebenwürdig ist.
Winterküche braucht Format
Adventsgerichte sind kraftvoll, aromatisch und geschichtsträchtig. Ebenso ihre idealen Begleiter: Rotweine mit Tiefe, Herkunft und innerer Wärme. Ob Brunello, Barolo, Rioja Reserva oder würzige Rhône-Weine – sie alle bringen jene Balance aus Struktur und Eleganz, die festliche Speisen erst vollständig macht.
Frage an unsere Leser
Welcher Wein begleitet bei Ihnen das Weihnachtsessen – und welches war Ihr überraschendstes Weinpairing in diesem Jahr?





